Heute ist erstmal unser letzter Tag in Los Cabos. Wir wollen nach Norden bis La Paz, die Hauptstadt von Baja California Sur fahren. Der Weg dorthin führt durch die Sierra della Laguna. Dieser Gebirgszug bedeckt den ganzen südlichen Teil der Baja California und ist als Biosphärenreservat klassifiziert. Dort soll es eine Oase mit einem Wasserfall geben, die wahlweise Cascada, Cañón de la Zorra oder Rancho Ecologico Sol de Mayo heißt. In jedem Fall: nada Handyempfang. Hinter der Ortschaft Santiago soll man scharf links abbiegen, und sich dann nicht mehr auf die Offline-Karte vom Navi verlassen, sondern den Schildern folgen. „Da!“, kurz hinter dem letzten Haus der winzigen Siedlung sieht die Reiserin tatsächlich das erste Schild und nötigt HerrBert, anzuhalten, damit sie die darauf stehende Telefonnummer des Rancho Ecologico fotografieren kann. „Falls wir wieder steckenbleiben!“

HerrBert rollt über soviel Unlogik die Augen. Weil: kein Telefonnetz. Außerdem will er jetzt nicht alle paar Meter wegen einem Schild anhalten. Die Straße ist nämlich bereits wieder ziemlich sandig. Nachdem gestern das Auto die ganze Zeit in der Garage des Hotels stand, will er jetzt zurück aufs Pferd, und schnell den Stress mit der Sandpiste neulich überschreiben. Das Auto zieht am selben Strang, die seit dem Zwischenfall dauerleuchtende Motorleuchte ist inzwischen erloschen.
Auf dem Weg zur Oase wird die Straße zur Sandpiste. HerrBert fegt zügig darüber, damit die Reifen gar keine Chance kriegen, festzudrehen. Bei gutem Wetter sei die Fahrt ohne Allradantrieb problemlos, haben wir gelesen und auch der auf dem Moped vorbeisausende junge Mexikaner, mit dem die Reiserin beim Schildfotografieren ins Gespräch kommt, bestätigte das. Also los. Bravourös umfährt HerrBert alle Schlaglöcher und nach einer knappen Stunde erreichen wir die Ranch. Jetzt geht es zu Fuß weiter.


Eine Angestellte in einem winzigen Torhäuschen nimmt unsere Namen und Telefonnummer auf und händigt uns gegen umgerechnet 24 Euro zwei Bändchen fürs Handgelenk aus. Nach ein paar Minuten hören wir Wasserrauschen, kurz darauf sehen wir tief unter uns ein kreisrundes Naturbassin mit einem schmalen, steilen Wasserfall. Wir klettern nach unten. Unter den Augen der fünf, sechs anderen Besuchern, die sich auf dem schmalen Plateau der Einstiegsstelle tummeln, winden wir uns in unsere Badesachen und schon huscht HerrBert über ein paar glitschige Steine ins Wasser und schwimmt los. Dabei kichert er immer wieder laut. „Die Fische beißen in meine Füße“.

Keuchend schleppen wir uns danach in der Mittagshitze wieder bis zum Rand der Oase hinauf, werfen noch einen Blick auf die Schildkröten, Esel und Mulis, die hier friedlich vor sich hin existieren. Eine lange Staubwolke hinter uns herziehend machen wir uns auf den Weg gen Norden. Dabei stellen wir fest: Die Ranch liegt genau auf dem nördlichen Wendekreis!

Viel ist nicht los in dieser Landschaft und fotogen ist sie auch nicht besonders. Still liegt sie im staubigen Nachmittagslicht und die Ruhe überträgt sich auf uns. Zwischen dem dichten Baumgrün auf den Hängen der Sierra Laguna ragen mächtige Kakteen hervor, geschmeidig kurvt dazwischen die Straße. Eine Sache schockiert uns aber immer wieder: Nachdem ein Straßenschild eine Brücke ankündigt und das Navi einen Wasserlauf zeigt, sehen wir in Wirklichkeit nur ausgedörrte Flussbette. Mexiko leidet seit Jahren an einer extremen Dürre und sobald wir die Oase hinter uns gelassen haben, ist im Inland nirgendwo die geringste Spur von Wasser zu sehen.
Kurz vor La Paz endet die Hochebene und der Highway 1 zieht sich durch eine flache, sandige Landschaft. Wir kommen am martialischen Gebäudekomplex der Guardia Civil vorbei, kurz darauf kommt uns ein riesiger Pickup entgegen mit gigantischer, festmontierter MP auf der Ladefläche inklusive Soldaten. Zur Abschreckung, wie HerrBert erklärt, ist in Mexiko nicht unüblich. Los Cabos war eher Lalaland.
Unser Quartier liegt in einer altmodischen Wohngegend fast direkt an der Strandpromenade: ein Vintage-Apartment mit der eleganten Modernität der 1960er Jahre. „Bestimmt die alte Wohnung von Oma Eusebia“, mutmaßt die Reiserin, „und die vermieten die Enkel jetzt“. Elegantes Licht strömt in die Wohnküche, kühle Lamellenstores teilen das Schlafzimmer ab, Fliesen verheißen, dass man hier drin auch ohne Klimaanlage nicht schwitzen würde. Durch den Lichtschacht des Badezimmers hört man das Krächzen des wahrscheinlich uralten Papageis, der dem mutmaßlich auch uralten Ehepaar gehört, das im Erdgeschoss wohnt. Die nächsten Tage mehr aus La Paz. Stay tuned!
Song des Tages: Viene de Mi von La Yegrosa
Als wir gestern Abend auf unserem Balkon saßen, kam dieser Song von der Strandpromenade hochgeschwebt

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