Blau gestrichene Skulptur mit einer großen Muschel und einer Landkarte, im Hintergrund ee und bewachsene Hügel.

Das Wichtigste zuerst: HerrBert hat sein Kaktusholz gefunden! Wir erinnern uns: Zu Beginn unserer Reise sah er immer wieder die merkwürdig löcherigen Stämme in Kunsthandwerksobjekten oder als Deko. Er bastelte ein Dokument mit der Frage, wo diese zu erwerben seien, und hielt dieses jedem und jeder unter die Nase, die nicht bei drei…nun ja, auf dem Kaktus waren. Bloß half das nichts. Alle Hinweise verliefen im Sand. Die Suche führte uns bis zu einem Holzmarkt am Stadtrand von La Paz, aber – nada.

Die Sache fing an, uns philosophisch zu beschäftigen. „Wenn ein mexikanischer Tourist in Köpenick jemandem ein Bild von Kienäppeln unter die Nase hält und fragt, wo kann ich das kaufen, würde er ja auch keine schlaue Antwort kriegen“, meinte HerrBert, der alte Köpenicker. „Also ich würde dann sagen, sie sollen es mal im Bastelgeschäft probieren“, entgegnete naseweis die Reiserin. HerrBert rollte mit den Augen. „Ja, als Charlottenburgerin, weil es dort Bastelgeschäfte gibt.“ Diese Diskussion brachte uns nicht weiter. Aber es brachte die Reiserin auf die Idee. „Man würde dann vielleicht sagen, dass man die Kienäppel selbst im Wald sammeln gehen muss.“ Und kaum zwei Tage später hatte sie die Idee: „Lass uns doch unterwegs nach Mulegé gucken, ob irgendwo Cholla-Kakteen in der Landschaft rumstehen. Da liegt dann ja vielleicht auch totes Cholla-Holz.“

Drei hohe, grüne Säulenkakteen auf sandigem Boden vor blauem Meer und klarem Himmel
Kein Cholla, aber auch ein Kaktus

Und so ähnlich war es. Heute Morgen fuhren wir in Loreto los. Knapp zwei Stunden in Richtung Norden führt die Straße in das kleine, entlegene Oasendorf Heroica Mulegé, benannt nach dem gleichnamigen Fluss, ausgesprochen ungefähr wie „Muh“ und französisch „leger“ ohne -r hinten. Auf dem Weg dahin: nur trockener Steinboden, riesige Kakteen – und immer mehr Chollas. Schon kurz nach Loreto fanden wir den ersten. Zwar lagen nur ein paar karge Zweige getrocknet daneben, aber es war ein Anfang. Während HerrBert mit unserem Küchenmesser die Rinde abschabte und das hübsche, durchbrochene Lochmuster des trockenen Holzes freilegte, sah die Reiserin den Geiern zu, die am Straßenrand kreisten – und sich erstaunlicherweise immer wieder auf den Armen der Kronleuchterkakteen niederließen.

Mehrere hohe, säulenförmige Kakteen mit zwei Geiern die auf den Spitzen sitzen, vor klarem blauem Himmel
Piekst das nicht?

Bevor sie sich einer weiteren philosophischen Frage, nämlich: Pieksen die Stacheln der Kakteen die Geier nicht in die Krallenfüße?, widmen konnte, kam HerrBert mit seiner Cholla-Ausbeute. Ein, zwei Mal hielten wir noch an, dann war er zufrieden.

Den Rest der Fahrt durch die Sierra de la Giganta bewunderten wir die wunderbaren Aussichten auf die nacheinander erscheinenden Strände der Bahía de Concepcion. Sie haben so schöne Namen wie El Coyote, Playa Santispack, El Burro – der Esel oder Playa de Requeson, und zu einigen fuhren wir auch herunter. Da heute Sonntag war, versammelten sich dort viele mexikanische Familien zu einem Tag am Meer.

Mehrere Personen gehen und schwimmen vom Strand im Gänsemarsch ins tiefblaue Meer stehen und schwimmen in einer Reihe im tiefblauen Meer unter blauem Himmel
Schön ordentlich hintereinander ins Wasser gehen! (Playa Requeson)

Dieser beinhaltet drei Hauptbestandteile: möglichst viele Familienangehörige inklusive Vierbeiner, ein großes Zeltdach, damit für alle Stühle im Schatten stehen – und eine möglichst kraftvolle Lautsprecherbox, mit der die Lieblingsmusik der Familie möglichst große Teile des Strandes beschallen kann. Gerne wird die Box auch vom Handy desjenigen gespeist, der gerade weit hinaus ins Wasser watet, wodurch die Musik immer länger abbricht, was zu interessanten Soundeffekten führt, die der mexikanischen Feierlaune aber überhaupt keinen Abbruch tut.

Am späten Nachmittag trafen wir dann im Mulegé ein. Unsere heutige Unterkunft liegt in einer blumenbewachsenen, liebevoll gepflegten Siedlung direkt am Flussufer. Wunderschön ging die Sonne zwischen den Palmen unter, und kaum war es dunkel, begannen die Sterne am Himmelszelt zu glitzern wie die Lichterketten unter einem mexikanischen Partyzelt. Spontan beschließen wir, hier eine Nacht länger zu bleiben. Ncht nur, weil es so schön ist – sondern weil für morgen im gesamten Bundesstaat Baja California Sur umfassende Lastwagenblockaden sämtlicher Straßen angesagt sind. Damit wird protestiert und die Bevölkerung wird aufgefordert, morgen auf Autofahrten zu verzichten.

¡Saludos desde Mulegé!

Song des Tages: Qué Sabe Nadie von Raphael

Dieser melancholische Evergreen schwebte heute Abend über den Mulegé-Fluss, als wir noch kurz die Sterne bestaunten. Er kam wohl aus einem kleinen Lokal auf der anderen Uferseite.

Was bisher geschah: hier

Weg an einem Fluss mit Palmen, durch die die untergehende Sonne leuchtet, im Hintergrund Hügel unter klarem Himmel
Abendgruß vom Mulegé