Blick aus einem runden Flugzeugfenster auf die verschneiten Pyrenäen

Es gibt ein paar Angelegenheiten, bei denen HerrBert, von Natur aus eher ein Freund der entspannten Lebensart, die Reiserin traditionell für etwas, sagen wir: zwanghaft hält. Er rollte schon gelegentlich mal mit den Augen, wenn sie sich weigerte, an einem Ort zu übernachten, wo es keine Duschmöglichkeit gab. Er schnaufte schwer aus, wenn sie meckerte, weil ihr ein Zwischenhalt von unter einer Stunde bei einem Anschlussflug zu kurz erschien, auch wenn ihn die Airline so anbot. Und er schüttelte definitiv den Kopf, als sie ihm bei der ersten gemeinsamen Reise mit dem Laufzettel kam.

So nannte sie eine mehrseitige Liste, auf der jeder Tag, an dem sie unterwegs sein würden, säuberlich unterstrichen mit Datum und Wochentag aufgelistet war. Darunter in chronologischer Reihenfolge alle Termine des Tages sowie, wenn es solche nicht gab, ein paar Möglichkeiten, was man vor Ort angucken oder unternehmen könnte, wenn man wollte. Bei jedem Datum stand auch der Ort, wo sie dann wären oder wohin sie an diesem Tag fahren würden, dazu die Information, wie weit das ungefähr ist und wie lange es ungefähr dauert.

Ungefähr so sehen unsere Laufzettel am Anfang der Reise aus…

Bei der ersten Begegnung mit einer solchen Liste der Reiserin hörte HerrBert gar nicht mehr auf, den Kopf zu schütteln. Aber das war der Reiserin egal. „Planung bringt Freiheit“, murmelte sie. „Wenn außen die Eckdaten stehen, kann man innen entspannt sein“. Was sie damit meinte, wollte HerrBert gar nicht so genau wissen. Man kannte sich noch nicht allzulange. Er schüttelte heimlich noch ein wenig weiter den Kopf, verkniff sich aber Kommentare und subsumierte diese Toleranz unter seine Losung „Happy Wife, happy Life“.

Seitdem ist der Laufzettel unser Begleiter. Zumindest für die Reiserin beginnt sowieso jede konkrete Reiseplanung mit dem Anlegen eines solches Dokumentes. Genauer gesagt: Wenn der Laufzettel eröffnet ist, beginnt die Vorfreude. Nach und nach wird der Zettel dann aufgefüllt, konkretisiert, feingeschliffen. Im letzten Moment vor der Abreise wird er ausgedruckt und ins Handtäschchen gepackt, direkt neben den Pass und die sonstigen wichtigen Unterlagen.

…und so am Ende

„Sag mal“, murmelte HerrBert auf unserer zweiten oder dritten gemeinsamen Reise, während er im Ankunftsbereich eines Flughafens irgendwo in Amerika hektisch auf seinem Handy herumscrollte. „Weißt du zufällig noch die Reservierungsnummer vom Mietwagen? Und wo die Abholung ist? Find die Mail gerade nicht“. Die Reiserin lächelte. Aber selbstverständlich wusste sie diese Nummer. Ein Griff zum Laufzettel, und da war sie. Ebenso wie die Telefonnummer und der Türcode der Unterkunft, die Buchungsnummer für die Führung am nächsten Tag und auch sonst alles, was nur irgendwie an Zahlenkombinationen in den nächsten Wochen von Belang sein könnte. „Hm, danke“, knarzte HerrBert widerwillig. Eins zu null für den Laufzettel.

Inzwischen hat er sich mit diesem Instrument von Frau Reiserins Planungstechnik nicht nur abgefunden, sondern heimlich wohl schon ein wenig angefreundet. Selbst käme es ihm zwar nicht in den Sinn, eine derart minutiöse Auflistung aller Eckdaten anzufertigen. Aber anders als am Anfang weigert er sich auch nicht mehr, ihr Buchungsnummern, Mailbestätigungen und sonstige Reservierungsdokumente gemeinsamer Fahrten weiterzuleiten, weil er sich dadurch irgendwie kontrolliert fühlte. Neulich hat sie ihn sogar dabei beobachtet, wie er selbst eine Art Minimalform eines Laufzettels für sich selbst anfertigte. Gerne wäre sie da mit einem kleinen Triumphtänzchen um ihn herumgesprungen und hätte „Siehst du! Siehst du!“ jubiliert. Aber sie lächelte nur leise. Der Laufzettel wirkt.

Was kommt auf unsere Laufzettel?

  • Datum für jeden Reisetag inkl. An- und Abreisetag sowie Nummerierung der Übernachtungen
  • Bei Flug- und Zugreisen genaue Reiseverbindungen (inkl. An- und Abfahrt bei Zwischenhalten, Flug- oder Zugnummer sowie bei Zugreisen Sitzplatznummer und -wagen) und der Buchungscode
  • Bei Roadtrips Buchungsnummer der Mietwagenfirma sowie deren genaue Adresse am Flughafen und ggf. Informationen, ob man diese zu Fuß oder mit einem Shuttle erreicht. Zeitpunkt und Adresse, wann und wo Auto wieder abgegeben werden muss
  • Feststehende Termine wie gebuchte Taxifahrten, Führungen, gebuchte Veranstaltungen, Verabredungen für jeden Tag
  • Ort der (geplanten) Übernachtung und, falls vorhanden, Adresse und Kontaktdaten der Unterkunft, ggf. Reservierungsnummer und PIN-Code des Buchungsportals, sowie die Zeit, ab wann man einchecken kann
  • Bei Flug- und Zugreisen an An- und Abreisetagen auch die Möglichkeiten, vom Flughafen oder Bahnhof zur Unterkunft zu kommen, etwa Verbindungen mit dem öffentlichen Nahverkehr, Fughafenbusse und deren Abfahrtszeiten sowie die Info, wo/wie man sie findet und wie lange die Fahrt ungefähr dauert
  • Bei längeren Reisen vermerken wir an den entsprechenden Tagen auch die Fristen, bis wann gebuchte Unterkünfte ggf. storniert werden können/müssen, sowie Erinnerungen an notwendige Anrufe zuhause, wenn zum Beispiel die Großtante Geburtstag hat, weil man sowas im Reisetaumel oder bei großer Zeitverschiebung gerne mal vergisst.

Kann man das zwanghaft, unsexy und viel zu anstrengend finden? Definitiv. Spart es – zumindest uns – Nerven, Stress und letztlich auch Zeit? Absolut. Und sei es nur, weil es Streits der Sorte „Ich dachte, da kümmerst du dich drum“ verhindert.

…der Laufzettel ist immer dabei.

Übrigens ganz wichtig: den Laufzettel ausdrucken. Auf Papier. Und zusammentackern. Und immer wissen, wo er ist. Das ist fast der ganze Trick.

Song des Tages: Help I’m Alive von Metric

Zur Zeit ist HerrBert gerade arbeitsmäßig und noch eine ganze Weile weg, und die Reiserin vermisst ihn. Das Stück hörten wir zuletzt häufig, und dabei denkt sie jetzt an ihn.