Seit drei Tagen sind wir jetzt wieder in Berlin. Noch immer setzt uns der Jetlag ganz schön zu. Die ersten Tage sind vor allem mit dem Abarbeiten der aufgelaufenen Post- und Wäschestapel und der Wiederaufnahme von Lohnarbeit angefüllt. Aber es soll ja auch nicht alles gleich schon wieder verblassen. Und so wackeln wir zwischen „Das war so schön in Kalifornien und Nevada“ und „Was machen wir mit der Betriebskostenabrechnung?“ hin und her.
Freundinnen und Kollegen fragen uns nach Los Angeles. „Habt ihr die Feuer gesehen?“, „Wie sieht die Stadt jetzt aus?“
Gerade mal vier Tage ist es her, dass wir über den Mullholland Drive gefahren sind. Davor hatten wir uns viele Gedanken gemacht, wie wir als Touristen mit der Situation umgehen sollen. Schließlich beschlossen wir, mit genügend Zeit von unserer letzten Station Santa Barbara nach Los Angeles zu fahren und die Augen offen zu halten. Das Navi zeigte auf dem Highway Richtung Flughafen minütlich dickeren Verkehr, und HerrBert entschied, dass wir es über Nebenstraßen versuchen. An diesem Tag konnten viele Bewohner der zerstören Gebiete zum ersten Mal zu ihren Häusern, und da wollten wir ihnen nicht in die Quere kommen.

Seltsamerweise meiden Amerikaner ihre Nebenstraßen oft, obwohl sie häufig parallel zu den Highways verlaufen und eine Fahrt meist nur unwesentlich länger dauert – aber meistens ohne Stau auskommt.
Über den Mullholland Drive kamen wir in die Stadt. Und sahen: business as usual. Die Leute auf der Straße zeigten keine Spur von Anspannung. Die Autos auf den Boulevards waren unterwegs wie immer. Ein paar mehr Feuerwehrautos waren zu sehen, sie fuhren langsam durch die Wohngegenden, beinahe so, als patroullierten sie, um mögliche neue Brandherde zu entdecken. Am Mullholland Drive, der sich auf eine Anhöhe über der Stadt schlängelt, machten wir einen kurzen Halt. Hier waren fast keine Autos unterwegs, und wir blickten hinunter auf Hollywood und Beverly Hills. Wir sahen: keinen Unterschied. Die übliche Dunstglocke über der Stadt schien ein bisschen brauner und ein leicht verbrannter Geruch in der Luft war bemerkbar. Ansonsten keine augenfällige Änderung.

Wir beschlossen, auch jetzt nicht in die betroffenen Gebiete zu fahren, sondern in Richtung Flughafen. Auch da war wenig los, weniger als sonst. Aber es gab keinen sichtbaren Hinweis auf die Gründe.
So blieb Los Angeles so, wie wir es in Erinnerung hatten – und trotzdem eine andere, erschütterte Stadt. Denn das Desaster hat stattgefunden. Zehntausende Menschen haben in wenigen Stunden alles verloren, was sie hatten und wissen nicht, wie es weitergeht. Dass man davon auf den ersten, oberflächlichen Blick fast nichts mitbekommen kann, ist ein Merkmal dieser Stadt. Weiter, vorwärts, das Gestern ist vorbei, scheint ihr Motto zu sein. Schon bevor die letzten Feuer ganz gelöscht sind, hat der Wiederaufbau begonnen.
Es ist eine andere Welt und eine völlig andere Mentalität als in Europa, und wir denken noch lange darüber nach. Am Wochenende soll in Kalifornien ein bisschen Regen fallen, lange ersehnt und dringend benötigt.
Song des Tages: The Rain von The Suitcase Junket
Mit diesem Song möchte HerrBert dem „It never rains in Southern California“ etwas entgegensetzen.
