Zwei kleine Boote stehen auf sandigem Strand, eines vorne mit Motor und Überdach, das andere mit gelbem Rumpf

Ein paar Kilometer sind noch dazugekommen auf dem Tacho in den letzten Tagen. Und schließlich haben wir unsere Füße doch noch in den Pazifik gestreckt. Mittlerweile sind wir zurück in Los Cabos und gucken schon wieder viel öfter Nachrichten aus Deutschland – damit der Aufprall in der Realität nicht so hart wird.

Nach unserem ungeplanten Zweitbesuch in La Paz fuhren wir vorgestern auf dem Weg die Halbinsel hinunter noch einmal durch die Berge der Sierra de la Laguna. Dort wollten wir den kleinen Ort El Triunfo genauer ansehen, den wir auf der Hinfahrt nur durchquert hatten. Ein kleiner, säuberlich herausgeputzter Bergort mit einer Attraktion: ein Cowboymuseum. Es heißt Museo Del Vaquero De Las Californias oder kurz: MUVACA, und stellt ein paar historische Fakten klar, die von der US-amerikanischen Popkultur ganz anders dargestellt werden.

Wandgemälde eines Cowboys auf einem Bullen an der Fassade eines Gebäudes mit der Aufschrift 'Museo del Vaquero de las Californias' davor Bäume unter blauem Himmel
Eine Attraktion von El Triunfo: das famose Museo Del Vaquero de De Las Californias (MUVACA)

Der Beruf des Cowboys kommt nämlich ursprünglich aus Mexiko. Ausgeführt wurde er von den Nachkommen der spanischen Missionare, deren afrikanischen Sklaven und den Angehörigen der mexikanischen Urbevölkerung. Die Sklaven hatten die Aufgabe, die Rinder zu hüten. Dazu benutzten sie ursprünglich, wie damals in Afrika üblich, scharfe Lanzen. Aus Angst vor Aufständen verboten aber die Missionare den Afrikanern deren Einsatz und ließen sie stattdessen die Tiere mit Lederriemen bändigen – so entstand die Lariat, die wir seit John Wayne als Lasso kennen. Auch die einheimische mexikanische Bevölkerung wurde unterjocht, dabei wurde ihr, ebenfalls aus Angst vor Aufständen, das Reiten auf Pferden verboten. Bloß ist Kühehüten ohne Pferd schwer machbar, weshalb ihnen das Reiten und das Handhaben der Lariats doch beigebracht wurde.

Dabei entpuppten sich die Mexikaner als sehr geschickte Reiter, aus denen sich über die Generationen die Vaqueros entwickelten – die professionellen Rindertreiber, die dann nach Norden in den Landstrich zogen, den wir heute als „Kalifornien“ kennen. Ursprünglich hieß er „Alta California“ – Hochkalifornien – im Gegensatz zum hiesigen Baja California – Niederkalifornien. Im mexikanisch-amerikanischen Krieg von 1846-48 fiel Alta California an die USA.

Sehr detailreich und spannend erzählt das Museo Del Vaquero diese Geschichte nicht nur, sondern dokumentiert das Leben der Menschen, die seit vielen Generationen der kargen Wüste eine Existenz abtrotzen. Die meisten Farmerfamilien in Baja California stammen von den ersten spanischen Siedlern ab und leben bis heute auf ihren Ranchos.

Mit der Ortschaft Todos Santos erreichten wir dann doch noch die Pazifikküste. Die Reiserin hatte beim spontanen Buchen einen Glücksgriff getan und fand eine wunderschöne, nur leicht urban gentrifizierte und bezahlbare Unterkunft, wo wir über den Dächern des Ortes und unter dem Sternenhimmel im Jacuzzi badeten. Davor waren wir durch die belebten Straßen geschlendert und hatten uns von einem ehrgebietend an einem Plastiktisch sitzenden mexikanischen Patron anlocken lassen, der uns einladend die Worte „Hola, Tacos“ zurief.

Ein Blick in den kleine, garagenartigen und eher schmucklosen Unterstand zeigte, dass eine Frau an Eisenplatten brutzelte und ein Junge im Schulalter offenbar der Kassier war. Er fungierte gleichzeitig als Kellner und fragte nach Getränkewünschen. „Fanta por favor“, sagte die Reiserin mit Blick auf den gut gefüllten Kühlschrank. Die Tacos, von der Mutter der Familie mit frisch gebrutzeltem Rind- und Schweinefleisch gefüllt, schmeckten schlicht, aber köstlich, so dass wir zweimal nachbestellten.

Am nächsten Morgen suchten wir nochmal den kleinen Kunsthandwerksladen auf, der uns am Vorabend in der Nachbarschaft aufgefallen war. An der Ecke vor dem Laden hatte sich nun eine große Banda aufgebaut, die beseelt für die energisch tanzenden Zuschauer wunderbare Musik spielte. In der elegant wogenden Tänzerschaft sahen wir auch den graumähnigen Verkäufer vom Vorabend.

Als die Reiserin, ganz bestimmt keine energische Feilscherin, nach dem Song den Verkäufer schüchtern fragte, ob es den Preis etwas verschönert, wenn wir zusätzlich zu dem von HerrBert ausgesuchten Kaktusbild aus einer Art traditioneller Palmenpapmaché noch das mit Cholla-Holz gerahmte Bild eines die Reiserin entzückenden pinken Fisches erwerben, sah er sie mit einer Verachtung an, als habe sie dermaleinst höchstpersönlich sein Volk versklavt und versuche gerade nochmal dasselbe. Also kein rosa Fisch erworben. Dafür an den Strand gefahren.

Bananenstaude mit grünem Fruchtstand und großen Blättern neben einem unbefestigten Weg, umgeben von dichtem Grün und blauem Himmel
Auf dem Weg zum Strand: Bananen

Die Strände in Todas Santos sind schwerer zu erreichen als die auf der Mar de Cortez-Seite, und als wir, kaum abseits der Hauptstraße, wieder in eine kilometerlange, löchrige Sandpiste bogen, gaben wir fast auf. Doch HerrBert fand einen Weg, wie wir uns doch noch bis zum Wasser durchkämpfen konnten – dabei landeten wir in einer Bucht namens Punta Lobos. Sie war voller Fischer, die hier Fische ausnehmen sowie Netze und Boote in Schuss halten und Seemannsgarn spinnen. Wir Strandbesucher störten da eher, so dass wir etwas weiter an der Playa el Meñudo dafür dann einen weitgehend naturbelassenen Strand fanden, an dem vehement die Wogen des Pazifiks peitschten. Wir wateten hinein. „Anderes Kaliber als die Sea of Cortez“, murmelte HerrBert und wir beschlossen, das mit dem Baden lieber sein zu lassen.

Freistehendes großes Tor aus dunklem Holz mit dekorativen Reliefs, eingebettet in eine Mauer aus unregelmäßigen Natursteinen unter blauem Himmel auf sandigem Weg
Irgendwo dahinter liegt der Pazifik

Zügig fuhren wir danach nach San José de Cabos, unsere erste und zweitletzte Station auf dieser Reise. Auch heute ist Donnerstag und die Straßen sind wieder belebt und für das wöchntliche Stadtfest namens Art Walk herausgeputzt.

Noch drei Tage, dann geht es zurück nach Deutschland und in einem Raum- und Zeitsprung von der mexikanischen Sonne in den deutschen Advent. Wenn das kein klassischer Fall für das lachende und das weinende Auge ist.

Song des Tages: La Bella Isla von Malphino

Ein weiterer Stück, das gestern beim abendlichen Art Walk in San José aus einem Laden schwebte. Hört sich authentisch mexikanisch an, ist aber ein Kunstprojekt aus London.

Was bisher geschah: hier

Eiserne Gartenbank mit fünf weihnachtlich dekorierten Kissen in Rot und Grün, dahinter Girlande mit Zapfen und Kugeln.
Auch in San José del Cabo weihnachtet es