Teller mit Hummerschwänzen, Salat und Sauce auf einem Tisch in einem Restaurant, im Hintergrund ein halbvolles Glas Bier

Im Hintergrund eine schwermütige Melodie in einer uns nicht verständlichen Sprache. Darüber ein schmissiger, altmodischer Rhythmus, der fast an eine Marschkapelle erinnert. Die Reiserin spitzt die Ohren. Eine Melancholie, die sie seit ein paar Tagen wahrnimmt, wird in diesem Stück hörbar. Sie kramt das Handy hervor und hofft, dass das Musikerkennungsprogramm das Stück noch erwischt. Nach wenigen Sekunden, und gerade, bevor in der leisen Restaurantbeschallung ein neues Stück anfängt, spuckt es die Antwort aus: „Heimþrá“ von Elly Vilhjálms. Im Juli 2021 sitzen wir in einem urigen Lokal am Hafen von Höfn im Südosten Islands und HerrBert kriegt gerade einen schicken Hummer mit geschmolzener Butter serviert. Wäre das was für die Island-Playlist? HerrBert hat die Musik jetzt aber erstmal gar nicht wahrgenommen. Auf diesen Hummer freut er sich seit Tagen und hat jetzt keinen Nerv für andere Fragen. So kommt das Stück ohne Verhandeln auf die Playlist und wird uns auf dem Rest der Fahrt begleiten.

Das mit der Autofahr-Playlist auf unseren Reisen ist so eine Sache: Wer fährt, darf bekanntlich die Musik bestimmen. Weil die Reiserin gerade mal einen Golfcart steuern kann, und das auch nur, wenn jemand lautstarke Anweisungen gibt, ist bei uns HerrBert der einzige Fahrer. Und der mag seine eigenen Playlists, egal ob er gerade durch Berlin oder durch die Appalachen kurvt. Die Reiserin hält große Stücke auf HerrBerts Musikgeschmack. Aber die Fahrt auf der Road to Nowhere im amerikanischen Süden, durch den Fjord im Hohen Norden oder die Serpentinen der Alpen genießt sie besonders mit Musik, die zur Landschaft passt und bestenfalls sogar aus dem Reiseland stammt. Dazu gehören auch immer Songs, die sie unterwegs aufschnappt. Das ist für HerrBert nicht ganz so wichtig. Für ihn muss die Musik eher zu seiner Seele passen, als zu der Straße, auf der er gerade fährt.

Hin und wieder schafft es ein Souvenirstück auf unsere „Song des Tages“-Playlist. Etwa als HerrBert in Kalifornien dieses Stück von Mitski in einem Shop ins Ohr geriet, oder in Kopenhagen, als wir im Tivoli beim Schnitzelessen den Gassenhauer der „Four Jacks“ bezaubernd fanden. Ursprünglich war die Rubrik „Song des Tages“ eine Idee von HerrBert, um die Beitragstexte unseres Blogs aufzulockern und zu ergänzen. Oft auch, um eine Stimmung wiederzugeben, die wir gerade haben. Manchmal ist uns schon beim Schreiben klar, welche Stück passen wird, manchmal suchen wir die Tiefen der virtuellen Archive ab, was eine Spezialität von HerrBert ist und uns schon einige neue Lieblingsstücke wie „Copenhagen“ von Lucinda Williams oder „Sedona“ von Sir Chloe beschert hat.

Schon 73 Stücke hat unsere „Song des Tages“-Playlist. Über vier Stunden Musik, und noch viel mehr auf unseren privaten Playlists für unterwegs. Musikalische Souvenirs gehören für die Reiserin zu den schönsten. Und es werden bei jeder Reise mehr.

Song des Tages: Heimþrá von Elly Vilhjálms

Dieses Chanson, das 1970 in Island erschien, hörten wir auf unserer Reise um die Insel. Die Sängerin Elly Vilhjálms, 1935 geboren, war seit den 1960er Jahren eine der beliebtesten Sängerinnen Islands. Große Erfolge feierte sie mit isländischen Coverversionen von internationalen Chansons. Mit ihrem Bruder als Kapellmeister nahm sie mehreren Alben auf. Später arbeitete sie beim isländischen Fernsehen.

„Heimþrá“ ist ein Originalstück, das vom isländischen Komponisten und Texter Freymóður Jóhannsson für Vilhjálms geschrieben wurde. Es bedeutet übersetzt: „Heimweh“. Im Text heißt es: „In dunklen, kalten Nächten träume ich mich heim/Träume ich mich heim zu dir, oh, liebe Mutter/Ist das Herz müde und weint traurig/Vergießt Tränen, die nur du verstehst. – Und wenn die gnädige Sonne durch das Fenster scheint/Und mit ihren Strahlen meine Wange kost/Fühle ich sie wie deine tröstende Hand/Und das Herz findet Frieden an deiner Brust. – Dann kündigen sich südliche Gäste aus den Sommerländern an/Und fliegen auf singenden Flügeln ins helle, nördliche Land/Dann jubeln die Freunde, das Wunder des Frühlings geschieht/Und es wird wunderschön sein, nach Hause zu kommen/Es wird so schön sein, wieder daheim zu sein.“